Unseren Rhythmus finden

Leben ist Rhythmus. Wir alle haben unsere ureigenen Rhythmen und sind eingebettet in die verschiedenen Rhythmen des Tages, der Woche, des Jahres, des Herzens, der Atmung und als Frauen auch in die zyklischen Phasen der Menstruation, die jeweils ihre eigene Qualität haben. Alles wandelt sich. Auch wir wandeln uns ständig. (vgl. Moser 2017: 46 sowie Pröll 2004: 21)

Wir durchwandern ständig verschiedene Zyklen und wenn wir uns dessen bewusst werden, können wir diese unterschiedlichen Rhythmen nützen, um unsere Gesundheit bestmöglich zu stärken und (wieder) in unsere Mitte zu kommen. Wir können ein Leben im Gleichklang mit uns selbst führen und im Einklang mit der uns umgebenden Natur.

Wenn wir ganz in unserer Mitte sind und auf unsere Intuition hören, auf das innere Wissen, dann kann wirkliche Gesundheit entstehen. Wir erleben ein wohliges Körpergefühl und fühlen uns auf allen Ebenen gut genährt. Oftmals ist es aber ein Weg bis dorthin. Denn wir geraten durch die zahlreichen Herausforderungen, die das Leben bereithält, aus dem Takt. Wenn wir einmal aus dem Takt geraten sind, dann ist es vielfach nicht einfach, wieder zu dem zu finden, was für uns stimmig ist. Dennoch gelingt es uns, wenn wir uns wieder daran erinnern, was uns eigentlich gut tut und wir zu einer ursprünglichen Lebensweise zurückfinden. „Jeder Mensch trägt das Wissen in sich, wie es zu einer Gesundheitsstörung gekommen ist, und trägt damit auch das Wissen in sich, wie Gesundheit wieder hergestellt werden kann.“ (Pröll 2014: 267)

 

Warum wir nicht richtig ticken

Früher haben wir im Einklang mit den Jahreszeiten gelebt. Es blieb uns gar nichts anderes übrig. Erst Schritt für Schritt, mit den technischen Errungenschaften, konnten wir sukzessive die Nacht zum Tag machen. In der Welt, in der wir heute leben, brauchen wir uns nicht mehr an der Natur zu orientieren. Wir können aufbleiben so lange wir möchten. Wir arbeiten dann, wenn es erforderlich ist. Wir essen, was wir im Supermarkt bekommen können und worauf wir Lust haben. Auch im Winter stehen uns sämtliche Früchte zur Verfügung und so ist es keine Seltenheit, dass Erdbeeren, Himbeeren oder Bananen am täglichen Speiseplan stehen – und zwar das ganze Jahr über. Wir haben den Bezug zu unserer äußeren (und zum Teil auch zu unserer inneren Natur) weitgehend verloren. Auf den ersten Blick mag das nicht weiter problematisch erscheinen. Bei genauerer Betrachtung allerdings sind wir doch gehörig aus dem Takt geraten und das kann viele ernstzunehmende gesundheitliche Probleme mit sich bringen. Daher wäre es wichtig, wenn wir (wieder) auf unseren natürlichen Rhythmus achten und herausfinden, welcher Rhythmus uns wirklich entspricht.

 

Über Lerchen und Eulen

Welcher Rhythmus uns wirklich entspricht, hängt auch davon ab, ob wir Lerchen oder Eulen sind – ob wir also zu den Morgen- oder Abendmenschen gehören oder ein bisschen was von beiden sind und somit zur Gruppe der „Indifferenztypen“ gehören. Wenn wir auf die Frage, ob wir ein Morgen- oder Abendtyp sind, keine eindeutige Antwort geben können, dann zählen wir zur Gruppe der Indifferenztypen.

Manche Menschen sind besonders in den frühen Morgenstunden aktiv. Andere wiederum werden erst in den Abendstunden so richtig produktiv. Welchem Typus wir angehören ist Veranlagung. Optimalerweise kommt unsere Arbeit unserer Zeitstruktur entgegen. Abendtypen beispielsweise halten Nachtschichten wesentlich besser aus als Morgenmenschen. (vgl. Moser 2017: 25f.)

 

Rhythmisch leben

Rhythmus, so der Philosoph Ludwig Klages, sei die „Wiederkehr von Ähnlichem in ähnlichen Zeitabständen“. (zit. nach Moser 2017: 46) Im alltäglichen Leben bedeutet Rhythmus vor allem „Regelmäßigkeit im Tagesverlauf, beim Aufstehen, bei den Essenszeiten, beim Schlafengehen und so weiter. Auch Musik oder Trommeln ist Rhythmus, das Feiern von Jahresfesten, von Geburts- und Namenstagen. Atmen ist Rhythmus, besonders nachts im Schlaf oder in einer Meditation. Der Menstruationszyklus kann Rhythmus sein, das Beobachten der Mondphasen, des Sonnenlaufs.“ (ebd. 2017: 46)

Ein Rhythmus, der unserer inneren Natur entspricht und mit unserer äußeren in Einklang steht, kann unser Wohlbefinden stärken und wirkt sich auf Körper, Geist und Seele wohlwollend aus. Im Fokus sollte immer die Freude an der Umsetzung stehen. Je mehr wir wieder in Einklang kommen mit dem, was uns wirklich entspricht, umso mehr werden wir auch wieder die Stimme unserer Intuition hören – und zwar klar und deutlich. Dieses intuitive Wissen wird uns auf ganz natürliche Weise leiten und beinhaltet alles, was es zu wissen gibt. Wichtig ist es, einfach mal anzufangen. „Der Weg entsteht im Gehen.“ (Weidinger 2014: 132)

 

Jahresrhythmus

Wir können unser Leben nach den Jahreszeiten ausrichten. Jede Jahreszeit hat ihre ganz individuellen Eigenschaften.

Im Frühling keimt und sprießt alles, neues Leben entsteht. Wir können in dieser Zeit vor allem die Wildpflanzen für unsere Gesundheit nutzen, die bis zu zwanzig Mal mehr Mineralstoffe und Vitamine enthalten. Auch von Spaziergängen an der frischen Luft profitieren wir enorm. Die Energie des Frühlings können wir wunderbar für entschlackende Frühjahrkuren heranziehen.

Der Sommer, insbesondere der Hochsommer, sollte unserer Erholung dienen. Es ist oftmals so heiß, dass wir kaum klare Gedanken fassen können und das Arbeiten schwer fällt. Idealerweise machen wir Urlaub an einem See – das sorgt nachgewiesenermaßen für noch mehr Entspannung. Unser Jahresurlaub sollte mindestens 3 Wochen am Stück dauern und weitgehend am gleichen Ort stattfinden. Das mag vielleicht langweilig klingen, trägt aber maßgebend zu unserer Erholung bei.

Im Herbst ist der Körper auf das Bilden von Reserven ausgerichtet. Abnehmen wäre hier gegen unsere Natur. Im Winter ist der gesamte Organismus auf Speichern eingestellt. (vgl. Moser 2017: 107ff.)

 

Monatsrhythmus

Den meisten Frauen ist der Monatsrhythmus aufgrund der meist regelmäßig wiederkehrenden Menstruation bewusst. Tatsächlich dürfte sich der Menstruationszyklus mit seiner Dauer von etwa 28 Tagen mit großer Wahrscheinlichkeit an den Mondzyklus angelehnt haben. Früher war eine enge Verbindung zwischen Mondphasen und dem weiblichen Zyklus gegeben. Heute ist das oftmals nicht mehr der Fall. Viele Frauen haben einen unregelmäßigen Zyklus oder greifen durch das Einnehmen hormoneller Verhütungsmittel aktiv in ihren Hormonhaushalt ein.

 

Wochenrhythmus

Besonders gut ist es, wenn wir mindestens einen Tag pro Woche nur für Erholung einplanen. Noch besser wäre es, wenn wir es schaffen, zwei Tage Auszeit pro Woche zu nehmen. An diesen Tagen sollten wir uns Zeit nehmen für uns selbst und für die Menschen, die uns am wichtigsten sind im Leben und die uns Kraft geben. Wir sollten das Handy bewusst abschalten, in die Natur gehen und uns den Aktivitäten widmen, die uns mit Freude erfüllen. Mut zum Müßiggang! (vgl. ebd. 2017: 99)

 

Tagesrhythmus

Der Tag beinhaltet unterschiedliche Qualitäten. Viele unserer Körperrhythmen sind mit dem Licht verbunden. Der Morgen entspricht im Chinesischen dem Holzelement. Kälte und Dunkelheit weichen und die Sonne geht auf. „Unser Körper hat sich darauf schon vorbereitet und die Cortisolproduktion angeworfen, ein Hormon, das unser Immunsystem zügelt und den Körper um diese Zeit für den Tag fit macht. Unsere Herzfrequenz ist bereits angestiegen, ebenso wie die Körpertemperatur ab drei Uhr morgens ansteigt. Auch unsere Körpergröße ist jetzt maximal, wir sind um etwa ein bis zwei Zentimeter größer als am Abend.“ (ebd. 2017: 69)

Am Vormittag können die meisten Menschen produktiv arbeiten und sich gut konzentrieren. Erwachsene Menschen können den Fokus ca. 1,5 h bis 2 h halten. Sinnvollerweise teilen wir Arbeitseinheiten in eineinhalbstündige Perioden ein. Nach jeder Arbeitseinheit sollten wir mindestens 15 Minuten Pause machen und den Kopf frei bekommen. Die Mittagszeit entspricht dem Element Feuer. Hier sollten wir unbedingt eine längere Pause einplanen, in Ruhe essen und spazieren gehen. (vgl. ebd. 2017: 73f.) Mittags sollten wir etwas weniger essen als in der Früh. Eine warme Mahlzeit bietet sich auch hier wieder gut an.

 

Der Nachmittag hat eine ganz andere Qualität als der Vormittag. Bei vielen Menschen ist diese Zeit wieder eine sehr produktive. Die Aufbruchsstimmung des Morgens ist nicht mehr so stark, dafür haben wir vielleicht besser im Blick, was noch zu tun ist und was wir bereits geleistet haben. Diese Zeit eignet sich besonders gut für kreative Arbeiten. (vgl. ebd. 2017: 80) Im Chinesischen entspricht der Nachmittag dem Element Erde. Wenn wir Einschlafprobleme haben, dann sollten wir bereits ab 15 Uhr auf anregende Getränke wie Kaffee, Schwarz- oder Grüntee sowie auf Energydrinks verzichten. (vgl. ebd. 2017: 182)

„Der Sonnenuntergang ist eine Zeit, die wehmütige Gefühle entstehen lassen kann. Unbewusst blicken wir auf den vergangenen Tag zurück und wissen, dass wir Abschied von ihm nehmen müssen.“ (ebd. 2017: 80) Der Abend ist angebrochen und wir kehren nun in das Element Metall, das dem Abend zugeordnet wird. Wie wir für erholsamen Schlaf sorgen und was wir dafür bereits im Vorfeld tun können, darüber habe ich hier (klick) ausführlich berichtet. In der Nacht befinden wir uns im Element Wasser. Die Energie ist nach innen gerichtet. Ein gesunder Schlaf ist für unsere Gesundheit von allergrößter Bedeutung! Der menschliche Organismus besitzt in der Nacht die Fähigkeit sich aktiv zu regenerieren. Schlaf dient der Regeneration und kann vieles wieder gutmachen.

 

Was macht für mich ein gutes Leben aus? Was tut mir gut? Wie möchte ich meinen Alltag leben? Was stärkt mich? Welcher Rhythmus entspricht mir eigentlich?

Literatur

Pröll, Gabriele (2004): Das Geheimnis der Menstruation. Kraft und Weisheit des Mondzyklus. München: Goldmann.

Moser, Maximilian (2017): Vom richtigen Umgang mit der Zeit. Die heilende Kraft der Chronobiologie. Berlin: Allegria.

Weidinger, Georg (2014): Die Heilung der Mitte. Die Kraft der Traditionellen Chinesischen Medizin. Steyr: Ennsthaler.